Genre: Komödie/RomCom
Besetzung: Lake Bell, Simon Pegg, Rory Kinnear, Olivia Williams etc.
Produktionsland: GB
Jahr: 2015
Laufzeit: 88 Minuten
Nancy wird von ihrer Schwester gedrängt, mal etwas zu wagen, auf Leute/Männer zuzugehen und offen für Neues zu sein. Als sie zufällig auf Jack trifft, der sie für sein Blind Date hält, klärt sie den Irrtum nicht auf, sondern tut wie ihr geheißen. Sie verbringt den Tag mit ihm, sie verstehen sich, haben Spaß, Funken fliegen. Doch dann lässt ein alter Bekannter Nancy auffliegen und Jack und sie lernen sich wirklich kennen.
Es ist kompliziert….! ist eine klassische RomCom mit heutigen Großstadt-Singles. Zwei etwas ungleiche Menschen treffen sich, sie finden Gefallen aneinander, irgendetwas stört die Harmonie und nach ein paar Turbulenzen findet sich das Pärchen. Der Film will das Rad nicht neu erfinden und tut es auch nicht. Stattdessen versucht er, das Genre frisch und modern zu interpretieren.
Tatsächlich beginnt das Ganze recht vielversprechend. Die Ausgangssituation ist originell, manche Wendungen vielleicht etwas künstlich arrangiert, aber mit etwas Wohlwollen kann der geneigte Zuschauer darüber hinwegsehen. Nancy und Jack sind sympathisch und witzig. Sie haben ihre positiven Seiten, sind aber genauso die Summe ihrer Erfahrungen, Unsicherheiten und Macken. Perfekt sind sie nicht, aber gerade deshalb realistisch. Lake Bell und Simon Pegg liefern eine ordentliche Leistung ab und erwecken ohne Eitelkeit zwei Alltagstypen zum Leben. Die Chemie zwischen ihnen stimmt bis zu einem gewissen Grad, es sprühen jedoch keine Funken.
Leider werden die Charaktere nicht immer konsequent erzählt und auch ihr Sympathiewert bröckelt hier und da. Das Erste ist für den Verlauf der Geschichte vielleicht notwendig, aber nichtsdestotrotz lästig. Das Zweite ist nur ärgerlich. Beides kann bei manchen Zuschauern zu allergischen Reaktionen in Form von leichten Aggressionen führen.
So soll Nancy zum vierzigsten Hochzeitstags ihrer Eltern eine Rede verfassen. Als sich ihre Schwester anbietet, die Aufgabe zu übernehmen, lehnen die Eltern ab. Warum nur Nancy dafür geeignet sein soll, wird nicht klar. Vielleicht weil sie so wortgewandt ist? Angeblich ist sie Journalistin, was den Schluss durchaus nahelegt. Auch wenn sie immer wieder von Selbstzweifeln gemartert wird, ist sie keineswegs ein Hascherl, das ihre Meinung nicht kundtun würde. Sie weiß mit Sprüchen zu parieren und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Umso merkwürdiger wirkt es, wenn sie in entscheidenden Momenten überhaupt kein Wort herausbringt. Nichts, niente, nada, hичего. Dabei wäre es so einfach, Dinge klarzustellen oder sich zu wehren. In solchen Situationen scheint sie jedoch weder Worte noch einen eigenen Willen oder Selbstbewusstsein zu haben. Ebenso wenig leuchtet ein, wenn Nancy einerseits abgeklärt agiert und andererseits irgendwann fast traumatisiert auf einem Sofa hockt. All das passt nicht zu dem Eindruck, den die Figur anfangs vermittelt hat.
Jack ist keinen Deut besser. Als er herausfindet, dass Nancy ihn wegen des Dates belogen hat, setzt ein recht fieser Schlagabtausch ein. Klar, dass nun der Teil beginnt, in dem das zukünftige Paar die Hindernisse überwinden muss, um die wahre Liebe zu erkennen. Leider stellt sich hier jedoch die Frage, warum Jack so heftig reagiert. Gut, sie hat ihn angelogen, aber inzwischen hat er ein paar Stunden mit ihr verbracht und sich offensichtlich sehr gut amüsiert. Läge es da nicht viel näher, gemeinsam über das Missverständnis zu lachen? Froh zu sein, dass es dazu kam und sich weiterhin Mühe zu geben, damit ein Wiedersehen zustande kommt? Klar, das ergäbe keine Komödie. Auch lässt sich sein Verhalten durch seine traumatische Scheidungserfahrung erklären. Aber wenn der männliche Part zum Kotzbrocken mutiert, verliert die Love Story doch etwas an Glaubwürdigkeit. Es ist nicht gerade günstig, wenn Zuschauerinnen den männlichen Helden am liebsten ohrfeigen würden. Am Ende wird Jack zwar wieder zu einem liebenswerten Typen, aber der Gesamteindruck leidet doch.
Es gibt eine große Zahl vermeintlich amüsanter Bemerkungen, Gags und witziger Ideen. Sie zünden allerdings seltener als beabsichtigt. Viele Ideen und Sprüche sind nett, andere flach oder schlicht vorhersehbar. Nie wird der Wortwitz und das Niveau berühmter Vorgänger erreicht. Es hängt wohl wie immer davon ab, ob der/die Zuschauer/in einer der Zielgruppen entspricht. Großstadt-Singles, die sich im Dating-Dschungel durchschlagen und ähnliche Situationen kennen. Geschiedene, die noch nicht darüber hinweg sind, verlassen worden zu sein. Frauen, die sich durch was oder wen auch immer die Panik einreden lassen, keinen mehr abzubekommen. Oder Männer, die gerne eine unkomplizierte Freundin hätten und denken, eine sehr viel jüngere Frau wäre die Lösung. So könnte sich das perfekte Zielpublikum zusammensetzen.
Glücklicherweise gibt es drei Szenen, in denen sich das für eine RomCom gewünschte und für die gelungenen Exemplare typische Gute-Laune-Gefühl kurzzeitig einstellt. Bezeichnenderweise sprechen die Protagonisten in diesen Situationen nur wenig und die Musik dominiert. In diesem Zusammenhang ist der Soundtrack zu loben, der immer passt und altbekannte Songs wie The Reflex und Here I go again mit unbekannten erfrischend mischt. Das allein reicht allerdings nicht aus, um den Zuschauer letztlich wirklich beschwingt und beglückt das Kino verlassen zu lassen. Schade.
Es ist kompliziert….! ist nett, kurzweilig und hier und da ganz lustig. Ob es mehr vom einen und weniger vom anderen bietet, hängt wie immer vom einzelnen Zuschauer ab. Schlussendlich bleibt der Eindruck, hier nicht den Anfang einer großen Liebe gesehen zu haben. Eher den Beziehungsbeginn zweier enttäuschter Singles, die sich in ihrer Unvollkommenheit lieben lernen. Hat auch was und ist definitiv realistischer als die erste Variante.
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Es ist kompliziert….!, Big Talk Productions, StudioCanal 2015.