[Rezension] Der Fall Jane Eyre

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Wales hat seine Unabhängigkeit und sich zur „Sozialistischen Volksrepublik“ erklärt, die Krimkriege dauern an und haben viele Opfer gefordert, Gentechnik kann am eigenen Küchentisch ausgeübt werden, Zeitreisen sind möglich, die Luftfahrt gründet sich auf Zeppeline.

In dieser Welt, die der unseren ähnelt, deren Geschichte aber einen ganz anderen Verlauf genommen hat, lebt Thursday Next. Sie arbeitet als Literaturagentin bei der SpecOps, der Regierungsbehörde. Schon an diesem Umstand lässt sich erkennen, dass Literatur  in dieser Parallelwelt enorme Bedeutung beigemessen wird. In Der Fall Jane Eyre muss sie sich mit dem Bösewicht Acheron Hades messen, der aufgrund spezieller Fähigkeiten als nahezu unbesiegbar gelten muss. Er bemächtigt sich eines wertvollen Original-Manuskripts von Charles Dickens und entführt Thursdays Onkel Mycroft. Der hat nämlich eine Maschine erfunden, die den Zugang zu den Literaturwelten ermöglicht. Damit wird Hades zur größten Gefahr für diese, denn alle Änderungen, die innerhalb eines Romans geschehen, sind unwiderruflich. Tatsächlich findet sich wenig später ein viktorianisch gekleideter Toter. Und damit hinterlässt die Veränderung sogar ihre Spuren in der Realität. Kurz darauf entführt Hades auch noch Jane Eyre. Thursday Next, die als Einzige weiß, wie der Fiesling aussieht, muss ihm das Garaus machen und Jane retten.

Die unkonventionellen Charaktere, die unzähligen Details, mit denen diese Parallelwelt ausgestattet ist, und die vielen Verweise auf die englische Literatur und Geschichte machen Ffordes Romanreihe zu etwas Besonderem. Allerdings gibt es zwei Seiten der Medaille bzw. der zahllosen Referenzen. Man kann sie lesen und mögen, ohne die Querverweise zu dechiffrieren, aber wenn man das kann, hat die Reihe doch eindeutig eine größere Tiefe oder Dimension. Der geneigte aber nicht so versierte Leser könnte sich wirklich lange damit aufhalten, alle Hinweise oder Bezüge zu recherchieren, aber das machen wohl die wenigsten.

Abgesehen von den einfallsreichen Kleinigkeiten mit denen Jasper Fforde seine Geschichte ausstattet, bleibt der reine Plot ein wenig simpel. Der Humor ist leider auch nicht in dem Maße vorhanden wie erhofft. Spannung entsteht nicht wirklich, aber darauf zielt der Roman auch gar nicht ab. Obwohl klar ist, dass Thursday Next im Fokus steht, wäre ein längerer Aufenthalt in Jane Eyres Welt und eine größerer Einbindung der literarischen Figuren trotzdem wünschenswert. Aber Fforde hält sich wohl lieber in der englischen Parallelwelt auf. Insgesamt bietet Der Fall Jane Eyre kurzweilige, abwechslungsreiche Unterhaltung in einer Welt, die neu und einfallsreich ist.

Alles in allem entwickelt der Roman nicht den erhofften Zauber. 3 Schreibmaschinen dafür.

3Writer

Der Fall Jane Eyre, Jasper Fforde, dtv 2011.

6 Kommentare zu „[Rezension] Der Fall Jane Eyre

  1. 😀 Wie (fast) nicht anders zu erwarten ist das eins meiner „all time favourites“. Mir haben auch die nachfolgenden Thursday Next Bücher gut gefallen, auch wenn ich zugeben muss, dass ich noch nicht alle gelesen habe. Aber ich glaube, vier oder fünf waren’s schon. 🙂

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    1. Ist das so? Also, das erste konnte mich ja jetzt noch nicht soo überzeugen. Allerdings ist der erste Band einer Reihe ja oft etwas schwächer, weil die „Welt“ noch erklärt werden muss. Deshalb werde ich sicher irgendwann Band 2 angehen. Gestern habe ich erstmal „Welt in Flammen“ abgebrochen. Habe mich zu sehr geärgert.

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      1. Bei mir schon. 🙂 Ich habe sogar mal versucht, eins auf Englisch zu lesen, aber ich muss schon sagen, das war eine ganz schöne Herausforderung. (Weil es halt doch sehr viel mit Wortspielen und Ausdrucksweisen zu tun hat, die ich teilweise nicht kannte.)

        Also, wenn dir der erste Band schon zu verschwurbelt war (mit zu vielen „Querverweisen“ usw.), dann lass die Serie, denn ich kann dir aus Erfahrung sagen, es wird nicht anders. Die restlichen Bücher sind genauso geschrieben. Wie gesagt, für mich war’s das Richtige, aber wenn’s dir nicht gefällt,solltest du dich auf keinen Fall durchquälen. Lesen soll ja Spaß machen. 🙂

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      2. So ist es nicht. Gerade die Querverweise haben mir ja gefallen und haben den Roman für mich interessant gemacht. Ich bezweifle aber, dass das für „normale“ Leser funktioniert, die mit englischer Literatur vllt. nicht ganz soo viel am Hut haben. Aber da kann ich mich natürlich auch irren. Was mir nicht richtig gefallen hat, war schlicht der Plot. Der war mir zu simpel.

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