[Rezension] Kimberley Wilkins: Das Haus der geheimen Versprechen

978-3-426-65370-8_Druck

Australien 2014:
Lauren hat mit ihren dreißig Jahren noch kaum Erfahrungen sammeln können. Ihre dominante Mutter und der lange Leidensweg ihres Bruders Ben, der schließlich gestorben ist, haben sie davon abgehalten. Doch jetzt ist sie Bens Spuren nach Evergreen Spa gefolgt, einem Ort, wo er die glücklichste Zeit seines Lebens verbracht hat. Sie arbeitet in einem kleinen Café und hat sich in den Architekten Thomas verliebt, der an der Renovierung des verfallenen Hotels Evergreen Spa mitarbeitet. Eines Abends vergisst er den Schlüssel zum Hotels im Café und Lauren kann es sich nicht verkneifen, eine Entdeckungstour durch das heruntergekommene Gemäuer zu unternehmen. Dabei stößt sie auf ein Bündel von Liebesbriefen, das ihre Neugier weckt. Sie kommt einer verbotenen Liebe auf die Spur, die 1926 das Leben aller Beteiligten durcheinander wirbelte.

Inzwischen finden sich Romane über zurückliegende Geheimnisse, deren Schatten in die Gegenwart reichen, wie Sand am Meer. Und wie immer ist die Zahl derer, die eher durchschnittlich oder gar misslungen sind deutlich höher als die Perlen des Genres. Mit Das Haus der geheimen Versprechen hat Kimberley Wilkins glücklicherweise letzteres in die Waagschale geworfen.

Der Sprachstil ist sehr gefällig, passt sich der beschriebene Zeit an und trägt leichtfüßig durch alle Wechselfälle der Geschichte. Wie eine gemütliche Wolldecke hüllt sie den Leser ein, der sich völlig auf das Personal und die Handlung einlassen kann.

Die Verknüpfung der beiden Zeitebenen gelingt sehr gut. Der Fund der Briefe ist nicht allzu schlüssig, aber das ist ein Stolpersteinchen, das nicht weiter ins Gewicht fällt. Auch die Rahmenhandlung um Lauren holpert hier und da leicht, bietet auch ein paar Vorhersehbarkeiten, dennoch halten Fragen und Geheimnisse das Interesse wach. Damit ist sie schon mal gelungener als bei manch anderen Genre-Vertretern.

Die Vergangenheit bildet dem Genre entsprechend den Kern der Geschichte. Hier überzeugt die Handlung auf ganzer Linie. Sie zeigt sich sehr abwechslungsreich, schlüssig und überzeugend. Eins scheint sich homogen aus dem anderen zu ergeben. Gleichzeitig entsteht der Eindruck, dass entgegen der Rahmenhandlung die eigentliche Geschichte genauso wirklich hätte passieren können. Selbst in weniger handlungsreichen Abschnitten wird deshalb sein Interesse wachgehalten. Das liegt nicht nur daran, dass der Leser in die Handlung hineingezogen wird, sondern dass Wilkins eine großartige Atmosphäre kreiert. Die zwanziger Jahre werden total lebendig, das Leben der Oberen Zehntausend ebenso glaubwürdig gezeichnet wie das der Bediensteten. Die Hauptbeteiligten sind nicht schwarz-weiß, sondern ihre guten und schlechten Charakterzügen gezeigt. Ihre Motivation und Gefühlswelt eindrücklich geschildert. Niemand wird für sein Tun verurteilt, sondern gezeigt, warum die Figuren so handeln. Außerdem wird deutlich, dass jeder Stand seine eigene Probleme mit sich bringt. Jede Frau begegnet anderen Zwängen und ihr Umgang damit wird ungeschönt dargestellt.

Glücklicherweise ist die Liebesgeschichte von Lauren und Thomas nicht ganz so prominent vertreten wie es der Klappentext suggeriert. Obwohl sich eigentlich alles um die Liebesgeschichte der Vergangenheit dreht, bleibt auch hier genug Raum für Nebenschauplätze, -figuren und weitere Handlungsstränge. Dies trägt absolut zur Atmosphäre bei.

Positiv hervorzuheben ist ebenfalls, dass einige Fragen ganz nebenbei beantwortet werden, ohne einen weiteren Erzählstrang zu eröffnen. Ansonsten wäre der Roman Gefahr gelaufen, geschwätzig zu geraten. So ist er auf das Wesentliche komprimiert, was zum Lesefluss beiträgt.

Der Titel Das Haus der geheimen Versprechen ist irreführend und eher unpassend. Nichtsdestotrotz erwartet den Leser eine spannende Geschichte mit viel Zeitkolorit und interessanten Figuren. Ein toller Schmöker für gemütliche Lesestunden.

5/5 Schreibmaschinen

5Writer

Kimberley Wilkins, Das Haus der geheimen Versprechen, Knaur Taschenbuch 2017.

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