[Filmkritik] Birdsong – Gesang vom grossen Feuer

Birdsong

Offizier Stephen Wraysford kämpft im Ersten Weltkrieg an der französischen Front. In Rückblenden erinnert er sich an die Französin Isabelle Azaire. Was als Affäre begann, stellte sich als große Liebe heraus.
Als er in der Stadt stationiert wird, in der sie gelebt hat, laufen sie sich wieder über den Weg. Doch vieles hat sich geändert.

Tja….

Birdsong basiert auf dem Theaterstück zu Sebastian Faulks‘ gleichnamigen Bestseller. Ursprünglich als Zweiteiler für die BBC konzipiert, wurde dieser im Zuge der DVD-Veröffentlichung zu einer Filmversion zusammengeschnitten. Dabei wurde jedoch vergessen, das Ganze auf eine akzeptable Länge zu komprimieren. Doch auch wenn das sicher einen positiven Effekt auf das Endprodukt gehabt hätte, wären die grundlegenden Defizite nicht behoben worden.

Der Zuschauer erhält einen überaus atmosphärischen Film. Ganz in der Tradition großer Literaturverfilmungen. Dennoch ist ihm die Theatervorlage anzumerken. Jede Einstellung ist eine perfekte Komposition von Ausstattung und Farbe. Sei es auf dem französischen Landsitz der Familie oder im Schützengraben, nichts wirkt zufällig. Alles ist drappiert und imitiert damit kaum das wahre Leben.

Birdsong BBC

Obwohl ein Großteil der Handlung an Kriegsschauplätzen spielt, sind blutige Szenen zwar selten, aber dafür drastisch. Der Krieg wird als klaustrophobisch, sinnlos und grausam skizziert. Stephen flüchtet sich davor in seine Erinnerungen. So wird auch der Zuschauer aus den düsteren Momenten immer wieder in lichtdurchflutete Szenerien einer friedlichen Zeit getragen. Die zwei Erzählstränge wirken auf ganz eigene Weise und vermitteln unterschiedliche Stimmungen. Melancholie durchzieht jedoch beide.
Doch verlässt sich der Film zu sehr auf seine Bildgewalt und sabotiert damit die eigene Wirkung. Die Bilder werden in ellenlangen Einstellungen zelebriert, wodurch das ohnehin gemächliche Erzähltempo weiter gedrosselt wird. Außerdem wird die Stille dem Dialog vorgezogen. Doch Gespräche machen Figuren nahbar, geben Einblick in ihre Motivationen und Gedanken. Worauf genau beruht die vielgepriesene große Liebe zwischen Stephen und Isabelle? Ist es vielleicht doch nur körperliche Anziehung? Einbildung? Der Reiz des Ehebruchs? Welche Gründe hat Isabelles späteres Verhalten? Es wird nicht einmal erklärt, warum der Film den Titel Birdsong trägt. Nicht alles lässt sich in Großaufnahmen darstellen. Andererseits sind selbst die seltenen Erklärungen eher dürr und keineswegs immer schlüssig.

Da die übrigen Figuren und das Geschehen durch Stephens Blick gezeigt werden, erhält der Zuschauer lediglich einen oberflächlichen Eindruck von ihnen. Die Besetzung ist durchaus passend, kann aber kaum glänzen. Auch hier stellt sich das Problem der mangelnden Dialoge. Doch quantitativ ruht die Geschichte ohnehin auf Eddie Redmaynes Schultern. Zahlreiche Großaufnahmen fangen jede Nuance von Stephens Gefühlsleben auf. Der Hauptdarsteller meistert seine Aufgabe durchgehend überzeugend. Umso erstaunlicher, dass dennoch eine gewisse Distanz zwischen ihm und dem Zuschauer bleibt. Offenkundig kann selbst der ausgezeichnete Schauspieler Redmayne nicht über die Leerstellen des Drehbuchs hinwegspielen. Das ist nämlich erstaunlich handlungsarm. Setzt man diesen Umstand mit der Laufzeit von 173 Minuten in Beziehung, verwundert es kaum, dass die Inszenierung derart spannungslos ist.

Insgesamt ist Birdsong – Gesang vom großen Feuer überaus atmosphärisch, aber leider auch sehr elegisch und langatmig geraten. Potenzial ist unbestritten vorhanden, doch wird es an keiner Stelle ausgeschöpft. Trotz entsprechender Thematik und eines sehr engagierten Hauptdarstellers hat der Film erstaunlich geringe emotionale Wirkung. Als Theaterstück funktioniert das Ganze mit Sicherheit besser.

5/10 Tickets

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