[Filmkritik] Die Frau des Zoodirektors

Zoodirektors

Antonina (Jessica Chastain) und ihr Mann Jan Zabinski (Johan Heldenbergh) leiten den Zoo in Warschau, als die Deutschen in die polnische Hauptstadt einmarschieren. Nachdem ihre Tiere entweder getötet oder nach Deutschland gebracht worden sind, züchten sie Schweine für die Besetzer. Doch das ist nur die Tarnung, um den jüdischen Ghettobewohnern zu helfen. Über dreihundert Menschen werden sie im Laufe der Zeit retten.

Der Film bezieht sich auf historischen Vorbildern und Begebenheiten und basiert auf dem gleichnamigen Buch von Diane Ackerman. Allein aus dieser Tatsache zieht er er sowohl seine Wirkung als auch eine gewisse Ambivalenz. Ist es nicht fast schon zwangsläufig, dass man aufgrund des Wissens um die realen Bezüge eine grundsätzliche Bereitschaft mitbringt, mitzufühlen und emotional berührt zu werden? Dementsprechend entstehen Momente, in denen man mit den Figuren hofft und bangt. Die Handlung ist spannend und verfehlt es nicht, die Spannung auf die Zuschauer zu übertragen.

Andererseits lässt sich der Eindruck nicht wegwischen, dass der Film seiner Geschichte und Figuren nicht gerecht wird. Statt in die Tiefe zu gehen, wirkt es, als würde einem Malen-nach-Zahlen-Muster gefolgt werden. Obwohl es im Wesen der Geschichten von Verfolgung und Rettung während des Nationalsozialismus liegt, dass gewisse Grundzüge sich ähneln, werden sie hier zu plakativ dargestellt. Die jüdischen Opfer werden nicht als Individuen gezeigt. Die Zuschauer erfahren nichts über sie, außer dass sie als Ghettobewohner drangsaliert werden. Selbst das Mädchen, dass als Stellvertreterin etwas mehr Aufmerksamkeit erhält, bleibt blass und ohne Konturen. Zu wenig, um als Zuschauer einen emotionalen Bezug aufzubauen. Hier wird man weder den realen Vorbildern gerecht, noch einer gut erzählten Geschichte. Ihnen werden die deutschen Besatzer gegenübergestellt. Auch sie bleiben konturlos und stereotyp. Entweder wuseln sie im Zoo irgendwo im Hintergrund herum oder drangsalieren in kurzen Momentaufnahmen die Ghettoinsassen. Ihre Bedrohlichkeit und Grausamkeit kulminiert in der Person des Lutz Heck (Daniel Brühl), der unberechenbar und rücksichtslos handelt. Trotzdem muss Antonina mit ihm zusammenarbeiten, was natürlich ihre schwierige Situation unterstreicht. Die Eifersucht ihres Mannes mag menschlich nachvollziehbar sein, erscheint unter den Umständen aber völlig banal und unangebracht. Vor allem in Anbetracht dessen, dass viele Szenen zeigen, wie standfest und gut ihre Beziehung ist. Andere Szenen wie z.B. eine Elefantengeburt gleich zu Beginn winken zu deutlich mit dem Zaunpfahl, d.h. ihrer Funktion innerhalb der Erzählung, um als natürlicher Teil der Geschichte zu wirken. Hinzukommt unweigerlich die Frage, warum sich der Film auf Antonina fokussiert. Eigentlich ist es nämlich Jan, der die Initiative übernimmt. Juden aus dem Ghetto schmuggelt, im polnischen Widerstand und der Heimatarmee kämpft.

Die SchauspielerInnen liefern solide, aber auch routinierte Leistungen ab. Am stärksten bleibt Daniel Brühl in Erinnerung, was aber schlicht an seiner Rolle liegt. Das wenig markante Gesicht gepaart mit Hecks zoologischem Interesse und einem unberechenbaren Wesen, dass keine Skrupel kennt, wirken nachhaltiger als die übrigen Figuren. Dass ist sehr schade, spiegelt sich aber schon darin wider, dass sich über alle anderen weit weniger sagen ließe. Nichtsdestotrotz wäre es schön, Johan Heldenbergh häufiger in Produktionen sehen zu können. Auch die DarstellerInnen der jüdischen Versteckten mühen sich redlich, können aber aufgrund fehlender Charakterzeichnung diese auch nicht herbeizaubern.

Besonders ärgerlich ist die Besetzung der Kinder von Antonina und Jan. Die beiden Darsteller des Sohnes machen ihre Sache an und für sich sehr gut. Allerdings passt es einfach nicht, wenn der reale Altersunterschied der beiden Jungen nicht dem Zeitsprung innerhalb der Handlung entspricht. Es mögen vielleicht zwei, maximal drei Jahre vergangen sein, aber der Sohn sieht plötzlich fünf Jahre älter aus. Das stört unweigerlich den Gesamteindruck des Films. So als habe man sich keine Mühe geben wollen, auf solche Details zu achten. Noch stärker entsteht der Eindruck, wenn die Tochter mit knapp einem Jahr aussieht als wäre sie schon vier Jahre alt.

Visuell bietet Die Frau des Zoodirektors sowohl schöne, als auch erschreckende Bilder, bleibt aber auch hier stets an der Oberfläche. Leider wirken auch die durchaus gelungenen Settings häufig künstlich und kulissenhaft, was dem Gesamteindruck ebenfalls abträglich ist.

Die Frau des Zoodirektors lässt sein Publikum zerrissen zurück. Das liegt aber nicht am Inhalt, sondern allein an der Umsetzung. Die ist routiniert, erschafft emotionale Momente und langweilt nicht. Andererseits verlässt sich der Film zu stark auf seine Geschichte. Darauf, dass die Zuschauer allein aufgrund des Realitätsbezugs schockiert und gerührt sein werden. Genau das führt dann letztlich auch zu der doch noch guten Bewertung. Bis zu einem gewissen Maß funktioniert das Vorgehen nämlich, reicht aber nicht, um wirklich nachhaltig zu wirken. Schade, um die verpassten Chancen.

7/10 Tickets

7Tickets

Diese Kritik ist Teil der Blogaktion Wider das Vergessen.

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