Die Abenteuer aus Jumanji-Willkommen im Dschungel liegen eine Weile zurück. Spencer (Alex Wolff) lebt inzwischen in New York, wo er das College besucht und nebenbei in einer Drogerie jobbt. Zu Weihnachten fährt er nach Hause, wo sein kranker Großvater Eddie (Danny DeVito) vorübergehend eingezogen ist. Auch mit seinen Jumanji-Weggefährten Martha (Morgan Turner), Fridge (Ser’Darius Blain) und Bethany (Madison Iseman) soll es ein Treffen geben, wozu Spencer allerdings überhaupt keine Lust verspürt. Bei allen anderen scheint es gut zu laufen, nur er fühlt sich ungenügend. Sich noch einmal so wie im Jumanji-Spiel zu fühlen. So als könne er alles schaffen, was er sich vornimmt, danach sehnt er sich.
Als seine Freunde beim verabredeten Brunch vergeblich auf Spencer warten, machen sich Martha, Bethany und Fridge auf die Suche nach ihm und zwar logischerweise zuerst bei ihm zuhause. Dort wird Eddie gerade von seinem Kumpel Milo (Danny Glover) besucht, weiß aber auch nicht, wo sich sein Enkel befindet. Schnell stellt sich heraus, dass Spencer erneut ins Jumanji-Spiel geraten ist. Natürlich wissen seine Freunde, dass man dort nicht alleine klar kommt und folgen ihm.
Die erste Jumanji-Neuauflage war ein Überraschungserfolg, der dank seiner Besucherzahlen und Einspielergebnisse zum fünft erfolgreichsten Film des Jahres 2017 und zum 41. aller Zeiten geworden ist. Dies liegt vermutlich an seinen selbstironischen Gags, deren Dichte, den sympathischen Identifikationsfiguren, der Spielfreude aller Beteiligten und einer frisch wirkenden Geschichte. Was liegt also näher, als das Eisen zu schmieden, solange es heiß ist und schnellstmöglich eine Fortsetzung herauszuhauen?! Stimmt, absolut gar nichts.
Also flink ein Drehbuch schreiben, die üblichen Verdächtigen zusammentrommeln und los geht’s. Das 123 Minuten lange Ergebnis lässt sich seit dem 12. Dezember in deutschen Kinos unter die sprichwörtliche Lupe nehmen.
Vermutlich kennen und mögen die meisten Kinobesucher den ersten Teil, wenn sie sich entscheiden, Jumanji – The next Level (gibt es einen „deutschen“ Titel?) zu sehen. Natürlich kann man als Drehbuchautor Unkundige dennoch in das Geschehen einführen wollen. Man kann zwei neue Figuren erschaffen, die absolut keine Ahnung haben, dass Menschen in ein Computerspiel hineingezogen werden können. Denen man die Regeln dieses Spiels gleich mehrmals erklären muss, so dass es auch der dümmste oder unaufmerksamste Zuschauer irgendwann versteht. Rücksichtnahme auf die Unwissenden ist zwar nett, führt jedoch dazu, dass sich mindestens 85% des Publikums in dieser Zeit gelangweilt oder sogar genervt fühlen. Zuhause würden diese Stellen sicher vorgespult werden. Doch das geht im Kino nicht und so hofft man inständig, dass die Erklärungen bald ein Ende haben.
Ein weiteres Zugeständnis an ein „neues“ Publikum ist wohl, dass kaum Anspielungen auf den ersten Teil eingestreut werden. Dabei hätten bestimmte Macken oder Situationen noch stärker ad absurdum geführt, den Figuren mehr Tiefe oder zusätzliche Facetten geschenkt werden können.
Es gibt aber noch mehr Dinge, an denen das Drehbuch krankt.
Zum einen verheddert es sich in Vorhersehbarkeiten. Selbst der Moment, der vermutlich der emotionalste sein soll, ruft nur ein: „Hab ich doch gewusst.“ hervor. Da ist die Anspielung auf das Musical Wicked insgesamt noch die raffinierteste Idee.
Außerdem entsteht der Eindruck, dass die Macher ihren eigenen Ideen nicht trauen. Erst versuchen sie etwas Neues (also nichts völlig Neues, sondern erwartbar Neues). Doch dessen Möglichkeiten werden nur beschränkt ausgelotet, so dass das Ganze entsprechend bedingt funktioniert. Als hätten die Macher das vorausgeahnt, wird schließlich zum alten Erfolgsmuster gewechselt.Ab dem Moment nimmt der Film endlich mehr Fahrt auf. Geschenkt, dass die Handlung bzw. Zeit da schon sehr weit fortgeschritten ist. Man ist ja schon froh, dass es überhaupt endlich an Dynamik gewinnt.
Dem Drehbuch entsprechend verhalten sich auch die Figuren berechenbar. Keine von ihnen sticht besonders positiv oder negativ hervor. Dabei wäre es wirklich wünschenswert gewesen, wenn Dwayne Johnson, Kevin Hart, Karen Gillan und Jack Black klar die Führung übernommen hätten. Dafür nehmen die neuen Charaktere zu viel Raum ein. Was paradox ist, denn sie entwickeln sich nie zu Persönlichkeiten mit einer ganz eigenen Strahlkraft. Stattdessen spiegeln sie altbekannte Attribute wider, die älteren Menschen zugesprochen werden, die aber nur richtig witzig hätten sein können, wenn Danny DeVito und Danny Glover sie in ihren Auftritten bereits mit Leben gefüllt hätten. Ihre Marotten sozusagen eine Hintergrundstory gehabt hätten. Zudem emanzipieren sie sich ihre Figuren nie und müssen bis zum Ende Anweisungen von den anderen erhalten.
Der Humor erreicht (oh Wunder) nicht den des Vorgängers. Einerseits befährt er stellenweise sehr vorhersehbare oder flache Gewässer und es ist verwunderlich, wie es so platte Witze in die Endfassung geschafft haben. Selbstironie wird kaum mehr genutzt. Andererseits ist wahrscheinlich auch die deutsche Synchronisation nicht unschuldig daran, dass Pointen versanden. Gags werden aufgebaut, die Pointe dann aber nicht als solche präsentiert, sondern wie ein gewöhnlicher Satz hingeworfen und die Szene fortgeführt oder mit einem schnellen Schnitt beendet. Letztes beeinträchtigt natürlich auch die Originalversion.
Jumanji – The next Level ereilt das Schicksal der meisten zweiten Film innerhalb einer Reihe. Und zwar aus vermutlich denselben Gründen. Ist der Film also ein Flop auf ganzer Linie, den man weitläufig umgehen sollte? Nein, das ist er nicht und das ist vor allem den sympathischen Figuren zu verdanken. Es macht einfach Laune, der ursprünglichen Truppe auf ihrem neuen Abenteuer zu folgen. Er ist auch durchaus leidlich unterhaltsam und mit netten Spezialeffekten gespickt. Tatsächlich haben aber wohl die Zuschauer am meisten Spaß, die den Vorgänger nicht kennen oder keine hohen Erwartungen an den Nachfolger haben. Diejenigen, die es nicht stört oder mögen, Bekanntes erneut serviert zu bekommen. Für alle anderen ist es ein nettes Wiedersehen, das man aber bald vergessen haben wird.
5/10 Tickets