[Serienkritik] The (Original) Twilight Zone 1. Staffel (OV)

Twilight Zone

1959 erschien eine neue Serie auf der amerikanischen Fernsehbildfläche, die nicht nur in die Geschichte des Mediums eingehen sollte, sondern auch in die Popkultur. Sie wurde seitdem nicht nur in zahlreichen Serien und Filmen direkt zitiert (z.B. Futurama), sondern diente darüber hinaus als „Inspiration“ für zahlreiche Werke. Es folgten außerdem diverse Neuauflagen, die aktuellste erst jüngst 2019.

„There is a fifth dimension beyond that which is known to man. It is a dimension as vast as space and as timeless as infinity. It is the middle ground between light and shadow, between sience and superstition, and it lies between the pit of man’s fears and the summit of his knowledge. This is the dimension of  imagination. It is an area which we call the Twilight Zone.“

Natürlich war mir als Sci-Fi-Interessierte Twilight Zone immer ein Begriff, gesehen habe ich die Serie aber nie. Zwar erinnere ich mich, dass eine der Nachfolgerserien irgendwann in den Neunzigern im RTL-Nachtprogramm gezeigt wurde, aber nicht, dass ich auch nur eine Folge geschaut hätte. Stattdessen ist mir eine Szene aus Futurama in Erinnerung geblieben, die auf eine der Originalfolgen anspielt. Auch die Simpsons-Halloween-Folgen griffen immer wieder Geschichten aus The Twilight Zone auf. Sogar in zwei meiner Lieblingsserien, Gilmore Girls und Seinfeld, findet sie Erwähnung.

Vor ein paar Wochen fiel mir die Werbung von TVNow auf, in der auf die Neuauflage aufmerksam gemacht wurde. Ich entschied, sie mir anzusehen. Wie ich sie fand, werde ich ganz am Schluss berichten. In jedem Fall war ich danach angefixt, das Original sehen zu wollen. Wie es der glückliche Zufall wollte, besitzt ein Freund meines Bruders alle Staffeln und war gewillt, sie mir nach und nach auszuleihen. Vergangenen Sonntag also betrat ich die Twilight Zone und was ich dort vorfand, erfahrt Ihr nun. Meine Erörterungen beziehen sich ausschließlich auf die Originalserie, die von 1959 bis 1964 lief, und speziell auf die 1. Staffel.

The Twilight Zone ist eine Anthologie-Serie, d.h. jede Folge erzählt eine neue Geschichte, in deren Mittelpunkt neue Figuren stehen. Allein dieser Kniff birgt immense Abwechslung, Suchtpotential und macht die Serie extrem kurzweilig. Rod Serling, Erfinder und Erzähler der Serie, gibt jeweils eine kurze Einführung, meist in Form einer Situationsbeschreibung oder einer Charakterisierung der Hauptfigur.

Roy Serling

„Der Typ ist Fred Renard. Innere Leere überspielt er mit äußerer Frechheit und rüder Ausdrucksweise.“

                                                                                    ….

„Sein Name ist Arch Hammer. Er ist nicht viel wert. Er ist nicht nur äußerlich billig, auch sein Charakter taugt nichts und wo andere ein Gewissen haben, ist bei ihm nur ein schwacher, speckiger Glanz zu sehen“

Faszinierend, wie ein Charakter durch wenige, geschliffene Worte auf den Punkt gebracht wird. Hier zeigt sich bereits die hohe sprachliche Qualität der Serie (dies schließt die Synchro ausdrücklich mit ein).

Die Zuschauer werden also mit den recht gewöhnlichen Hauptfiguren und der Situation, in der sie sich gerade befinden, bekanntgemacht. Man identifiziert sich mit ihnen und erlebt an ihrer Seite, wie sich die Ausgangslage schnell wahlweise abwegig, seltsam, beängstigend oder überraschend  und in verschiedene Genres wie Science-Fiction, Drama, Horror, Psychothriller, Fantasy entwickelt. Es ist, als wäre man gemeinsam nur einen kleinen Schritt vom Weg abgekommen und in eine andere Dimension, eben die Twilight Zone, geraten, in der das Unmöglich möglich ist. Dieses Konzept ist so effektiv, dass jeder Plot glaubwürdig wird. Daher halte ich auch den deutschen Titel „Unwahrscheinliche Geschichten“ für kontraproduktiv.

Die Serie ist eine Wundertüte. Man weiß vorher wirklich nie, welche Art Geschichte, welches Genre einen erwartet. Zugegeben, manche Wendungen sind für heutige Zuschauer durchaus vorhersehbar, aber man kann sich lebhaft vorstellen, wie neuartig, verblüffend und teilweise schockierend sie bei der Erstausstrahlung gewirkt haben müssen. Aber seid versichert, in vielen Fällen klappt das auch heute noch! Und selbst, wenn sich eine Folge mal etwas enttäuschend entwickeln sollte, so ist der Weg dahin trotzdem sehr interessant. Selbst durchschnittliche Folgen sind qualitativ hochwertig. So konnten mich tatsächlich lediglich zwei der 35 ersten Folgen nicht auf irgendeine Weise überzeugen. Die Rücktrittsklausel ist zu offensichtlich, Der Mann mit den tausend Gesichtern ist für mich etwas unlogisch geraten.

Schließlich wartet jede Folge mit einer Moral (die aber nicht belehrend wirkt), einem ungewöhnlichen Twist oder einer düsteren Auflösung auf. Es sind Kommentare zur Welt, der Politik, dem Wesen der Menschheit oder psychologische Studien. Damals wurden „schwierige“ Inhalte häufig vom Sender oder Sponsoren zensiert. Dadurch, dass Serling solche Themen in fantastische Geschichten hüllte, rutschten sie quasi durch diese Kontrolle.
In jedem Fall bewundere ich die psychologische Tiefe, die den Geschichten innewohnt, und die Fähigkeiten der Autoren. Rod Serling zeichnete sich für 92 der 156 Folgen verantwortlich. Zu den übrigen Autoren gehören so große Namen wie Richard Matheson oder Ray Bradbury.

Abgesehen von den hervorragenden Autorenleistungen, überzeugt die Serie auch auf allen übrigen Ebenen. Die Settings und Ausstattung ist aufgrund der unterschiedlichen Stories sehr aufwendig und abwechslungsreich. Man sieht der Serie an, dass sie kostspielig gewesen sein muss. Das spiegelt sich auch in den Spezialeffekten wider. Selbstverständlich sind die nicht so zahlreich oder mit heutigen Standards vergleichbar, aber sie wirken nie lächerlich und immer auf der Höhe ihrer Zeit. Das Schwarz-Weiß-Bild konterkariert den fantastischen Inhalt, verstärkt aber die Konzentration auf ihn.

Schauspielerisch lässt Twilight Zone ebenfalls keine Wünsche offen. Man merkt der Schauspielriege ihre Spielfreude an, mit der sie ihre Charaktere überzeugend zum Leben erwecken. Es lässt sich sogar das ein oder andere bekannte Gesicht entdecken. Für viele von ihnen war es der Karrierestart.

Alles in allem ist die erste Staffel grandios. Ich bewundere Rod Serling zutiefst, seinen Einfallsreichtum, sein Verständnis und Einfühlungsvermögen für das menschliche Wesen. Er hat mit The Twilight Zone nicht nur einen reichen Schatz an tollen Geschichten geschaffen, die mich ungemein inspirieren, sondern zudem vermutlich die einflussreichste Fernsehserie aller Zeiten. Nein, es gibt keinen Grund mit Superlativen zu sparen.

Besonders hervorheben möchte ich meine Lieblingsepisoden:

Alle Zeit der Welt

(alle Leser werden sich sicher mit Mr. Bemis identifizieren können)

Alle Zeit

Die Monster der Maple Street

Samuel Conrad und die Reise zum Mars

Wie ein Pfeil im Wind

Der Hausierer

Der Testflug

Spiegelbilder

Gefangen in der Einsamkeit

Requiem für eine Serie

Es brennt mir unter den Nägeln, sie ausführlich zu besprechen, aber ich möchte auf keinen Fall zu viel verraten. Doch wer ein Fünkchen Interesse für im wahrsten Sinne des Wortes fantastische Geschichten aufbringt, sollte sich die Serie anschauen.

Nun noch ein Wort (oder auch zwei) zu Jordan Peels Neuauflage von 2019. Als ich sie gesehen habe, war ich wenig begeistert. Einerseits werden die Plots viel zu langatmig erzählt (sie dauern auch noch doppelt so lang wie beim Original) und andererseits sind sie absolut einfallslos und obendrein sehr belehrend gestaltet. Und nun, da ich zumindest die erste Staffel des Originals kenne, muss ich sagen, dass sich dieser Eindruck noch verstärkt. Wo Serling subtil und überraschend vorging, beackern die neuen Folgen aktuelle Themen oberflächlich und durchschaubar. Jegliche Metaebene wird ausgeschlossen, stattdessen wird die vermeintliche Botschaft dem Zuschauer dumpf um die Ohren gehauen.

Kennt Ihr Twilight Zone? Habt Ihr das Original oder eine der Nachfolgeserien gesehen und was haltet Ihr dann davon?

10/10 Tickets

10Tickets

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21 Kommentare zu „[Serienkritik] The (Original) Twilight Zone 1. Staffel (OV)

      1. Die besondere Enterprisefolge 😂
        Was mich später oft genervt hatte war, dass eben Folgen fehlten oder teilweise in völlig verkehrter Reihenfolge gesendet wurden.

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      2. Ich dachte, heute wäre es etwas besser geworden. Allerdings laufen ja ziemlich wenig alte Serien. Ja, das Problem kenne ich. Hab auch ein paar alte Serien auf DVDs und da gibt es immer wieder Szenen, die plötzlich auf Englisch sind, oder ganze Folgen. Aber immer noch besser so, als dass sie es ganz weglassen.

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      3. So sehe ich das auch. Wir haben auch einiges mit englischen Folgen oder Abschnitten.
        Heute läuft das, bedingt durch Netflix und Co, sicherlich besser aber bei den Privaten bin ich trotzdem nicht wirklich überzeugt.

        Gefällt 1 Person

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