Louise (Simona Brown) lernt in einer Bar David (Tom Bateman) kennen. Sie verbringen den Abend miteinander und küssen sich beim Abschied. Am nächsten Morgen stellt die alleinerziehende Mutter fest, dass David als Psychologe in der Praxis anfängt, in der sie als Sekretärin arbeitet. Verheiratet ist er auch noch. Für Louise ist klar, dass sie die Beziehung zu ihm von jetzt an aufs Berufliche beschränken will. Wenig später stößt sie auf der Straße zufällig mit Adele (Eve Hewson), Davids Ehefrau zusammen. Das Paar ist gerade erst nach London gezogen und Adele kennt niemanden. So sucht sie Louises Freundschaft, bittet ihre neue Freundin jedoch, David nichts davon zu erzählen. Das bleibt nicht die einzige Merkwürdigkeit, die Louise auffällt. Immer stärker fragt sie sich, was zwischen dem Ehepaar vor sich geht. Dass sie bald doch eine Affäre mit David beginnt, verkompliziert die Dreieckskonstellation nicht nur, sondern führt zur Katastrophe.
Die britische Miniserie umfasst sechs Folge, basiert auf dem Roman von Sarah Pinborough und verbreitet den Charme bekannter BBC-oder ITV- Produktionen.
Jede Episode überzeugt mit subtiler Spannung. Zwar schwankt die Intensität, nimmt aber von Folge zu Folge zu. Es werden immer neue Köder ausgelegt, die man bereitwillig aufsammelt und versucht zu einem stimmigen Bild zusammenzusetzen. Dadurch wird die Geschichte immer in der Schwebe und die Zuschauer in Ungewissheit gehalten. Dafür ist auch das Verhalten der Figuren verantwortlich. Zwar folgt man den Ereignissen meist aus Louises Blickwinkel, doch zunehmend werden auch David und Adele Perspektiven eingenommen. In Rückblicken erfährt man außerdem von Adeles Aufenthalt in einer Psychiatrie auf dem Land und ihrer Freundschaft zu Mitpatient Rob (Rob Aramayo). Einen tatsächlichen Wissensvorsprung vor Louise gewinnt man dadurch jedoch nie, weil die Begebenheiten lediglich gezeigt, aber nicht erklärt werden. Die Vorgehensweise ist wirklich raffiniert und macht sogar kleine Mankos wett, wie z.B. sich wiederholende (Louise bringt sehr oft ihren Sohn zur Schule) oder „unnötige“ Szenen (diverse Sexszenen). So weiß man also zu keinem Zeitpunkt, worauf das Ende hinauslaufen wird, wie die Auflösung aussehen könnte. Es gibt auch keine „Zwischenergebnisse“ die einen Hinweis auf die ungefähre Richtung geben würden, die das Ende nehmen könnte. Trotzdem habe ich zu keinem Zeitpunkt frustriert aufgegeben, weil die Serie trotzdem ihre Spannung beibehalten konnte.
Immer wieder meint man zwar zu wissen, welche Ereignisse hinter allem stecken, verfolgt verschiedene Theorien, aber letztlich liegt man mit Sicherheit meilenweit daneben. Das kann ich versprechen. Die Auflösung ist wirklich nicht vorhersehbar! Und das ist schon eine Kunst an und für sich. Das Ende vollzieht sich quasi in zwei Stufen und als ich dachte, die erste wäre schon die finale, war ich überhaupt nicht begeistert. Ich hielt sie eher für an den Haaren herbeigezogen. Doch Behind Her Eyes setzt tatsächlich eins drauf und schenkt dem Serientitel eine doppelte Bedeutung. Mich hat die endgültige Auflösung wirklich total geflasht und völlig überzeugt. Ich scheue mich nicht, sie „grandios“ zu nennen. Allerdings sollte man „ungewöhnlichen“ Erklärungen gegenüber aufgeschlossen sein. Wenn man diese zumindest theoretisch für möglich hält, wird man mit einem außergewöhnlichen Serienende belohnt. Tut man es nicht, könnte man der Serie vorwerfen, sie würde einem die Zeit stehen.
Ich mochte außerdem besonders, dass die Serie länger zum Denken anregt und sich die vielen Hinweise und Köder wirklich erst in der Rückschau und mit dem Wissen der Auflösung entschlüsseln. Man denkt: „Ah, stimmt, deshalb hat sie/er dies oder jenes gesagt/getan.
Die Besetzung, von der ich zuvor niemanden kannte, ist wirklich gelungen und überzeugte mich völlig. Besonders hervorzuheben sind jedoch Eve Hewson (Tochter von Bono von U2) und Rob Aramayo, die bei mir einen sehr positiven und bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Tom Bateman gefiel mir ein bisschen weniger, was aber daran liegt, dass er als David nicht wirklich viele Facetten zeigen kann und ein bisschen langweilig erscheint.
Insgesamt verdient die Serie 8/10 Tickets
Behind Her Eyes ist seit dem 17. Februar 2021 bei Netflix zu sehen.
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Ich habe die Mini-Serie auch gesehen, fand die auch durchaus spannend und zwischendurch auch manchmal ganz gut. Mochte – vor allen Dingen – die dunkelhäutige Hauptdarstellerin. Bei dem Ende war sich dann aber leider völlig raus. Fand ich so absurd, das mit dem Rob hat für mich irgendwie keinen Sinn ergeben. Bin aber – wie Du schreibst – vielleicht ungewöhnlichen Erklärungen nicht so aufgeschlossen. 😃
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Ich kann das absolut nachvollziehen. Wie das Ende wirkt, hängt völlig davon ab, ob man das alles zumindest in der Theorie nachvollziehen kann oder möchte. Ich kann ja aufgrund von Spoilern nicht näher darauf eingehen, aber mit dem zentralen Thema habe ich mich schon mal beschäftigt und auch wenn die letzte Umdrehung natürlich sehr übertrieben ist, fand ich es als Gedankenexperiment doch echt stark. Für mich hat das Ende die Serie total gepusht, vorher hätte ich ihr vermutlich eher eine Bewertung von Fünf verpasst.
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