[Serienkritik] Die Wespe

Eddie Frotzke (Florian Lukas), in Profi-Dartkreisen als Die Wespe bekannt, hat seine besten Tage anscheinend hinter sich. Mit Ehefrau Manu (Lisa Wagner) und seinem „Lehrling“ Kevin (Leonard Scheicher) zieht er von Turnier zu Turnier, doch statt hoher Preisgelder winken Gutscheine und billige Küchengeräte. Als Eddie Manu auf einem Rastplatz vergisst, hat sie die Nase voll. Eddie wird nicht nur von ihr verlassen, sondern erfährt auch noch, dass Manu und Kevin eine Affäre haben! Auf sich alleingestellt und nach einem Unfall, an dem er und Kevin nicht unschuldig sind, schlüpft Eddie bei seinem alten Kumpel Nobbe (Ulrich Noethen) unter. Anfangs hofft der Verlassene Manu mit einem gediegenen Job als Staubsaugervertreter zurückgewinnen zu können, was jedoch nicht klappt. Und ein Leben ohne Dart ist doch ohnehin sinnlos. Also, heißt die Devise „Comeback“ und Nobbe soll sein Trainer sein. Wäre doch gelacht, wenn Wespe es nicht doch noch zur Dart-Weltmeisterschaft in London schaffen würde.

Wie ich nicht müde werde zu betonen, liegen mir deutsche Serien und Filme generell eher nicht so. Schon vor Corona hielt ich größtmöglichen Abstand zu Bully, Schweiger, Schweighöfer und Konsorten. Wie es aber nun immer so ist, bestätigen Ausnahmen die Regel und solch eine Ausnahme ist die sechsteilige Serie (erste Staffel?) Die Wespe. Das ist umso ungewöhnlicher, wei ich mit Dart sonst nichts am Hut habe.

Heutzutage gibt es kaum eine Serie, in der die Hauptfigur nicht mindestens Arzt, Rechtsanwältin oder ähnliches wäre. Da tut es richtig gut, mal ein anderes Milieu kennenzulernen. Keine Ahnung, wie authentisch es dargestellt wird, aber das spielt auch überhaupt keine Rolle, denn es wirkt „authentisch“ und es macht total Spaß in die „Niederungen“ bzw. Subkultur der schrägen Typen, schmuddeligen Austragungsorte und Hotels hinabzusteigen.
Ein großes Lob in diesem Zusammenhang an die Szenenbildner. Top Arbeit!! Man hat das Gefühl, hier ist die Zeit stehengeblieben und der Soundtrack unterstützt den Eindruck, dass das Ganze in den Achtzigerjahren spielen könnte.

Die Besetzung ist perfekt und jeder Einzelne verbreitet pure Spielfreude. Da wird ein Schnauzer mit Vokuhila ebenso selbstverständlich getragen wie hässliche Hemden und dicke Goldketten. (Außerdem raucht Eddie Kette und es tut gut, eine Serie ohne unsichtbaren erhobenen Zeigefinger zu sehen.) Besonders gefreut habe ich mich über Ulrich Noethen, der völlig gegen den Strich gebürstet wird. Und wer glaubt, hier ständen die Männer im Fokus, dem sei gesagt, dass Manu/Lisa Wagner mindestens ebenso stark involviert ist und tolle Szenen zu spielen hat.
Weder die Schauspieler noch das Drehbuch machen sich je über ihre Figuren lustig, sondern nehmen sie und ihre Lebenswelt ernst. Man schließt jede einzelne ins Herz und möchte, dass sie auch mal Glück haben.
Das heißt aber keineswegs, dass der Spaß zu kurz käme. Ganz im Gegenteil ein leiser, aber schlagkräftiger Humor zieht sich durch jede Folge. Es gibt Punchlines, die könnte man sich wahlweise gerahmt an die Wand hängen oder in den eigenen Wortschatz aufnehmen. Regisseurin Hermine Huntgeburth hat mich schon mit Lindenberg! Mach Dein Ding überzeug und schafft es hier erneut. Ihre Arbeiten fühlen sich wie „aus dem richtigen Leben“ an, auch wenn man weiß, dass das anders aussieht.

Ich hoffe wirklich, dass die Serie fortgesetzt wird. Nicht nur weil Besetzung, Ausstattung und Handlung toll sind und sie richtig viel Spaß macht, sondern auch weil die letzte Folge vieles offenlässt. Außerdem hätte ich mir schon in der ersten Staffel mehr Folgen gewünscht, während die kurze Laufzeit zum Tempo beiträgt und genau richtig ist.

8/10 Tickets

Die Wespe, 6 Folge, Sky

 

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