[Rezension] Magie oder keine Magie, das ist hier die Frage

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Als dem Journalisten Andrew Westley ein Buch des Bühnenmagiers Alfred Borden zugespielt wird, bringt er mit dem Namen nichts in Verbindung, außer dass es sich um einen seiner Vorfahren handeln könnte. Er beginnt das Tagebuch, das Anfang des 20. Jahrhundert geschrieben und nur in geringer Auflage gedruckt wurde, zu lesen. Der Magier berichtet darin von seinem Leben, seinem Beruf und vor allem der jahrelangen Rivalität und Feindschaft mit seinem Magierkollegen Rupert Angier. Ständig versuchten die beiden Männer einander mit ihren Tricks zu übertrumpfen, stachelten einander an und machten auch vor Sabotageakten keinen Halt. Am meisten strebten sie jedoch danach, die Geheimnisse des anderen aufzudecken. Der Trick des transmittierenden Mannes beförderte ihre Feindschaft auf ein neues, bedrohliches Niveau.
Und auch Angier hielt seine Sicht der Geschehnisse fest. Sein Tagebuch befindet sich im Besitz seiner Urenkelin Kate. Bald wird klar, dass die Feindschaft der Magier sich unheilvoll durch ihre jeweilige Familiengeschichte zieht und bis in die Gegenwart reicht. Können Andrew und Kate das schicksalhafte Band durchtrennen, das ihre Familien auf tragische Weise verbindet? Weiterlesen?

[Rezension] Fiona Davis – Wege ihrer Sehnsucht: Schlicht unterhaltsam

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Die Illustratorin Clara Darden möchte sich im New York der Zwanzigerjahre einen Namen machen. Sie arbeitet als Dozentin in einer Kunstakademie, die in der Grand Central Station untergebracht ist. Außerdem versucht sie, ihre Skizzen an Zeitschriften zu verkaufen. Da Männern jedoch stets der Vorzug gegeben wird, ist es für Frauen schwierig, sich eine Karriere aufzubauen. Doch dann eröffnen ihr zwei neue Bekanntschaften ungeahnte Möglichkeiten.
Fünfzig Jahre später muss sich Virginia Clay nach ihrer Scheidung ein eigenes Leben aufbauen. Dazu braucht die konservative Hausfrau vor allen Dingen eine Arbeit. Doch die ist mit einem Abschluss in Kunstgeschichte und wenig Arbeitserfahrung schwer zu finden. Schließlich landet sie als Praktikantin am Auskunftsschalter der Grand Central Station. Der Bahnhof hat schon bessere Zeiten gesehen. Genauso wie die Kunstakademie, deren verlassenen Räume Virginia eines Tages entdeckt. Dass sie dieses Ereignis zu einem viel größeren Geheimnis führen wird, ahnt sie da noch nicht.  Weiterlesen?

[Rezension] Zamonischer Snack

Der Bücherdrache

Der große Dichter Hildegunst von Mythenmetz trifft auf Hildegunst Zwei, den Buchling, der Mythenmetz‘ Werke auswendig lernt. Der kleine Buchling möchte erfahren, wie man eine Geschichte schreibt. Also lässt sein Vorbild ihn von seinem größten Erlebnis erzählen. Und so lesen wir von Hildegunst Zweis gefährlichem Abenteuer, das den Buchling aus der Ledernen Grotte durch die Katakomben in den Ormsumpf und zum legendären Bücherdrachen führte und einen geheimen Freundschaftsbund schmiedete.

Seit vielen Jahren wartet die ebenso große wie treue Fangemeinde von Walter Moers auf die Fortsetzung seines vor Fantasie überbordenden Romans Die Stadt der Träumenden Bücher. In der Zwischenzeit hält er sie mit Das Labyrinth der Träumenden Bücher, Prinzessin Insomnia und der alptraumfarbene Nachtmahr, Weihnachten auf der Lindwurmfeste und nun Der Bücherdrache bei Laune, was sie ihm danken, indem sie die Werke in den Stand von Bestsellern erheben. Und in gewissem Maße zu Recht, denn mit Zamonien hat Moers eine fantastische Welt erschaffen, der man immer wieder gerne einen Besuch abstattet. Sein Humor macht das Ganze zu einem kurzweiligen Lesevergnügen. Natürlich trifft das ebenso auf Der Bücherdrache zu. Doch wenn man die rosarote Brille und die Glückseligkeit, ein neues Werk von Moers lesen zu dürfen, ablegt, die lebendigen und fabelhaften Beschreibungen zur Seite schiebt, bleibt vom neuen Werk nicht vielmehr als eine dünne und vorhersehbare Kurzgeschichte. Und noch strenger besehen, besteht das Buch nur aus Gesprächen und einer Varianz von Schauplätzen, Spannung entsteht keine und das Erzähltempo ist mehr als gemächlich. Selbst die Zeichnungen wirken bekannt und sind nicht so ideenreich wie die früherer Zeiten. Ist es wirklich so oder ist der Reiz des Neuen einfach nur verflogen? Natürlich scheint immer wieder der typische feine Humor durch und die Geschichte ist gespickt mit literarischen Anspielungen, aber sie strotzt davon nicht Die Stadt der Träumenden Bücher. Der geringe Umfang kann nicht als Ausrede geltend gemacht werden, denn auch auf wenigen Seiten können fantasievolle Dinge Platz finden. Zwar scheint es, als solle Der Bücherdrache als Vorwort zu etwas Größerem dienen, aber es ist ungewiss, ob das wirklich so ist.

Selten fällt es so schwer, eine angemessene und ungetrübte Bewertung zu finden. Die grundsätzliche Begeisterung für Moers‘ Erfindungsreichtum und Humor, die er in früheren Werken so fulminant gezeigt hat, überträgt sich in gewissem Maß auf jedes seiner Werke. Man ist ihnen grundsätzlich wohlgesonnen. Andererseits werden sie an ihrem Vorgänger gemessen und fallen zusehends dagegen ab. Schon Weihnachten auf der Lindwurmfeste war ein zu dünnes und etwas zu ideenlos für einen Walter Moers. Leider setzt sich der Trend mit seinem neuen Buch fort. Nichtsdestotrotz ist es immer wieder interessant und entspannend Zamonien zu besuchen und man muss es einfach lieben. Schon allein aus alter Verbundenheit muss es einen Bewertungspunkt zusätzlich geben. Hoffentlich wird Moers‘ nächstes Werk wirklich wieder der große Wurf, auf den seine Fans schon so lange hoffen. Bis dahin bietet Der Bücherdrache eine wenig gehaltvolle, aber kurzweilige Zwischenmahlzeit.

Vielen Dank an den Penguin Verlag und das Bloggerportal, die ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben.

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Der Bücherdrache, Walter Moers, Penguin Verlag 2019.

[Rezension] Richard Marbel: Die Jesus-Welle

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Nachdem Michael seine große Liebe Marcia durch einen Unfall verlor, trauert er. Aus dem Physiker wurde ein Priester. Von der Universität wechselte er in ein kleines italienisches Dorf, wo er der Kirchengemeinde vorsteht und dem Alkohol zuspricht. Dreißig Jahre nach dem tragischen Ereignis sucht ein alter Freund Kontakt zu ihm. Der ehemalige Professor und jetzige Medienmogul Carl Steinberg möchte, dass Michael an einer außergewöhnlichen Expedition teilnimmt. Zusammen mit der rebellischen Lucy, dem Neuropsychologen Stuart und dem Sicherheitsfachmann Pierre soll er die Quantenwelt, auch als Jenseits bekannt, besuchen.
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[Rezension] Ariel S. Winter: Mr. Sapien träumt vom Menschsein

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Mr. Sapien ist ein Android, der noch von Menschen gebaut wurde. Er empfindet das als Auszeichnung und ist fasziniert von den Lebewesen. Seine Umwelt hält ihre ehemaligen Schöpfer jedoch für minderwertig. Auch können Roboter sich mittlerweile gegenseitig erschaffen und sind nicht mehr auf die wenigen Menschen, die es noch gibt, angewiesen.

Aufgrund seines Alters wird von ihm erwartet, sich selbst zu deaktivieren. Um darüber nachzudenken, zieht Mr. Sapien sich in ein abgelegenes Strandhaus an der englischen Küste zurück. Das gehört zum Anwesen Barron Cove, das die Familie Asimov von dem ehemaligen menschlichen Besitzer geerbt hat. Unvermittelt wird der Mieter in die Zwistigkeiten der Familie involviert, die sich alle um den mysteriösen Bewohner Beachstone zu drehen scheinen. Könnte der Grund hierfür sein, dass der ein Mensch ist?

Ariel S. Winters erschafft mit wenigen, treffenden Worten eine lebendige und überzeugende Welt. Technische Details werden verständlich dargestellt und stören den Lesefluss in keinster Weise. Vielmehr findet sich der rasch zurecht und kann sich auf die Handlung konzentrieren.
Die Perspektivwechsel vollziehen geschmeidig. Nichtsdestotrotz muss man sich nach jedem Wechsel erst orientieren, weil er durch das Layout nicht angedeutet wird. Die unterschiedlichen Erzählstimmen entsprechen der jeweiligen Persönlichkeit der Figur. Deren Intentionen und Gefühle werden überzeugend dargelegt. Wenig überraschend sind auch bei Andrioden nicht nur sympathische Individuen zu finden. Stattdessen sind aber Vertreter aller „Denkrichtungen“ vertreten. Roboter, die Menschen verachten. Solche, die sie bewundern und von ihnen lernen wollen. Und es gibt die, die einen Menschen lieben. Der Mensch Beachstone, um den sich alles dreht, lernt der Leser hingegen nur durch den Blick anderer kennen. Dabei wäre es gerade in seinem Fall sehr interessant gewesen, zu erfahren, wie er sich als einziger Mensch unter Robotern fühlt. Warum sucht er offensichtlich nicht die Nähe zu anderen Menschen? Was hat ihn überhaupt nach Barron Cove verschlagen? Leider entsteht auch hier das Gefühl, dass der Autor die wirklich spannenden Fragen oft umschifft.

Der Roman umfasst nur wenige Seiten und konzentriert sich auf einen begrenzten Zeitrahmen und überschaubares Personal. Dadurch fällt es dem Autor vielleicht leichter, seine Geschichte zu spinnen. Für Leser ist es hingegen mehr als schade, dass die spannende Zukunftsvision nicht stärker ausgelotet wird. Es gibt so viele Punkte, an die der Autor hätte anknüpfen können und über die der Leser gerne mehr erfahren hätte.

Einerseits gibt es viele spannende und unterhaltsame Momente, die auf einen höheren Sinn verweisen. Andererseits meandert die Handlung vor sich hin und löst die Hoffnung auf eine abschließende Offenbarung oder Wendung nicht ein. Zwar gibt Mr. Sapien schließlich noch etwas Überraschendes über seine Vergangenheit preis, doch das geschieht auf so unspektakuläre Weise, dass der Effekt verpufft.
Leider werden außerdem einige Seiten mit Handlung gefüllt, die sich letztlich als irreal herausstellt. Das verwirrt und irritiert, da auch hier die Absicht dahinter unklar bleibt. Wenig raffiniert ist ebenfalls, dass Mr. Sapien Informationen auf dem sprichwörtlichen Silbertablett serviert werden. Es wäre weitaus spannender, wenn er sie sich selbst schrittweise erarbeiten müsste.

Obwohl es sich bei den Figuren fast ausschließlich um Androiden handelt und dadurch technische Abläufe nicht unerwähnt bleiben, fühlt man sich an eine degenerierte Adelssippe erinnert. Emotionale Achterbahnfahrten, schwierige Beziehungen und Familiengeheimnisse lassen vermuten, dass Maschinen letztlich auch nur Menschen sind.

Stets bleibt die Frage, was der Autor seinen Lesern sagen möchte. Vermutlich will er sie zu philosophischen Überlegungen anregen, aber leider reizt er seine Möglichkeiten nicht genug aus, um das Ziel zu erreichen. Ja, es geht auch darum, was einen Menschen ausmacht. Welche Rolle der Tod spielt. Aber diese Überlegungen liegen wie im Nebel und erreichen den Leser kaum. Immer mutet es an, als wären irgendwo tiefgründige Wahrheiten verborgen. Doch sind sie dann wohl  so gut verborgen (oder nicht vorhanden?), dass sie sich nur schwer  erschließen.

Mr. Sapien träumt vom Menschsein ist kurzweilig und regt dazu an, ebenfalls über die Natur der Menschen nachzudenken. Leider schöpft Ariel S. Winter das Potenzial seiner Ideen nicht so aus wie sie es verdient hätten.

3/5 Schreibmaschinen

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Ariel S. Winter, Mr. Sapien träumt vom Menschsein, Doemer Knaur 2016.

Vielen Dank an den Verlag Droemer Knaur, der mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.

 

[Rezension] Daniel Stashower: Sherlock Holmes und der Fall Houdini

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Daniel Stashower präsentiert uns mit Sherlock Holmes und der Fall Houdini ein lange unbekanntes Manuskript von Dr. Watson, dem Gefährten und Chronisten des großen Sherlock Holmes, höchstselbst verfasst. Dies fand er bei Aufräumarbeiten in einem altehrwürdigen Geschäft für Zauberei-Artikel und obwohl seine Freunde an der Echtheit zweifeln, möchte er es der Welt nicht vorenthalten…. Weiterlesen?

[Rezension] Sarah Perry: Die Schlange von Essex

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Nach dem Tod ihres Mannes bricht Witwe Cora mit Sohn Francis und Freundin und Kindermädchen Martha nach Essex auf. Dort möchte sie sich auf die Suche nach Fossilien machen und ihrem Vorbild der Paläontologin Mary Anning nacheifern. Auf dem Land angekommen, erfährt sie von der mythologischen Schlange von Essex, die wieder erwacht und ihr Unwesen treiben soll. Die Menschen leben in ständiger Angst, Opfer des Untiers zu werden. Coras Neugier ist geweckt. Wäre es nicht fantastisch, wenn es sich bei der Schlange schlicht um ein urzeitliches Tier handeln würde? Und wäre es nicht noch viel fantastischer, wenn Cora zu dessen Entdeckerin werden würde? Durch ein befreundetes Ehepaar wird sie an die Pfarrfamilie Ransome verwiesen, die ihr die Küste zeigen sollen. Obwohl Cora erst zögert, lässt sie sich überreden. Doch dieser Besuch wird nicht nur für sie und ihre Gastgeber ungeahnte Folgen haben.
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[Rezension] Jay Archer: Tote Mädchen lügen nicht

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Clay erhält einen Satz Musikkassetten. Doch darauf befindet sich keine Musik, sondern die Geschichte seiner Mitschülerin Hannah. Hannah Baker, die sich das Leben nahm. Sie erzählt ihm von dreizehn Menschen, die eine Rolle in der Geschichte ihres Selbstmords spielen. Die Kassetten hat er erhalten, weil er einer von ihnen ist und er soll sie weiterschicken. An den Nächsten auf ihrer Liste. Doch vorher wird er erfahren, was Hannah zu ihrem drastischen Schritt bewegt hat. Weiterlesen?

[Rezension] Salvatore Basile: Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands

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Michele war noch ein Kind als seine Mutter in den Zug stieg und nie mehr zurückkehrte. Darüber ist er nicht hinweggekommen, hat ein Leben in Abgeschiedenheit und Einsamkeit gewählt, um nie wieder enttäuscht zu werden. Heute lebt er allein in seinem Elternhaus, das am Bahnhof liegt. Er hat die Stellung seines Vaters übernommen und kontrolliert jeden Abend den einzigen Zug, der noch von und nach Miniera di Mare fährt. Seine Lebensgefährten sind die verlorenen Gegenstände, die er dort findet und in seinem Haus aufbewahrt. Eines Abends birgt er eine Puppe. Kurz darauf steht die Besitzerin Elena vor ihm und wirbelt sein ruhiges Leben durcheinander. Als er am nächsten Tag einen weiteren, aber dieses Mal sensationellen Fund macht, ermuntert sie ihn, endlich seine Mutter zu suchen.

Ruhig und einfühlsam erzählt Salvadore Basile eine Geschichte vom Verlassen, Suchen und Finden. Seine Hauptfigur Michele ist ein Eremit, der sich vom alltäglichen Leben seiner Umgebung abgekapselt hat. Er ist unsicher, besonders im Umgang mit anderen Menschen. Er traut niemandem und als er der überschwänglichen Elena begegnet, schreckt er fast panisch vor einer näheren Bekanntschaft zurück. Die Suche nach seiner Mutter ist auch die Reise zu sich selbst, die Micheles Innerstes verändert. Der Autor forscht dieser Entwicklung mit großem psychologischem Einfühlungsvermögen nach. Es fällt aber auf, dass „Andersein“ unterschwellig häufig als „nicht normal sein“ und negativ begriffen wird. Glücklicherweise tauchen jedoch Figuren auf, die dieser Vorstellung wieder eine positive Sicht entgegenstellen.

Einen Großteil des Romans nimmt die Selbstreflektion der Hauptfiguren, Michele und Elena, ein. Im Zentrum steht natürlich Michele, dessen Gefühle und Entwicklungsschritte bis ins Kleinste aufgeschlüsselt werden. Nichtsdestotrotz kann es sein, dass manche Leser sich auf Distanz gehalten fühlen, weil Michele hier und da anders reagiert, als es seine Gedanken vorgeben.

Essentiell sind ebenfalls die sehr ausführlichen Beschreibungen von Situationen, Menschen und Landschaften. Für Leser, die so etwas mögen, ist das ganz wundervoll und genau das Richtige. Sie werden mehr als fündig werden, denn der Autor berauscht sich geradezu an seiner eigenen Fabulierkunst. Es wimmelt nur so vor Lebensweisheiten und tiefgründigen Erkenntnissen. Gleichermaßen treffende wie poetische Metaphern finden sich. Allerdings wirkt es als wolle der Autor so viel wie möglich unterbringen. Durch den inflationären Gebrauch verliert sich leider sowohl die individuelle Wirkung als auch die Gesamtwirkung. Damit wird die größte Stärke des Romans zu einer seiner größten Schwäche.

Sprache, Erkenntnisse und Handlung bilden kein ausgewogenes Verhältnis. Erst im letzten Drittel nimmt das Geschehen an Fahrt auf, wirkt aber vielfach überkonstruiert. Da werden Wesen an erstaunliche Orte versetzt, Zufälle heraufbeschworen und andere Kapriolen geschlagen. Mancher Leser mag sich davon verzaubern lassen. Es als „modernes Märchen“ verstehen, dass nicht realistisch sein muss. Andere sehen mit viel Wohlwollen über die Unbillen hinweg. Eine dritte Gruppe fühlt sich jedoch möglicherweise für „dumm“ verkauft, denn erschwerend hinzukommt, dass es auch in der Ausführung mitunter ganz schön knirscht. So werden Perspektiven durcheinander gewürfelt, Gefühle ad hoc entwickelt und bereits verbalisiert und auch sonst ein im wahrsten Sinne unglaublich rasantes Tempo an den Tag gelegt. Es ist selbstverständlich legitim, die Dinge auf wenige Tage zu komprimieren, aber es sollte schon nachvollziehbar bleiben. Unglücklicherweise verpufft die als „größte Überraschung“ geplante Offenbarung, da versierte Leser sie früh erahnen können.

Salvatore Basile war viele Jahre als Drehbuchautor tätig und das merkt man seinem ersten Roman deutlich an. Einerseits hat er großes Verständnis für seine Figuren, erfüllt sie mit Seele und Gefühl. Es wird eindrucksvoll vermittelt, dass jeder Mensch seine eigene Geschichte hat, die sich dem Urteil anderer entzieht. Dass sein Verhalten auf den ersten Blick vielleicht komisch erscheinen mag, dass es aber immer einen Grund dafür gibt. Andererseits wird das Band der Stimmigkeit stellenweise überdehnt und für jeden Handlungsfaden noch ein versöhnlicher Abschluss gefunden. Dass ist dann doch zu viel des Guten und erinnert in seinen schlechtesten Momenten an eine billige Telenovela.

Wer gemächlich erzählte Geschichten mag, die das menschliche Wesen behandeln sowie Lebensweisheiten transportieren, und über die Mankos hinwegsehen kann, wird mit diesem Roman sicher eine lohnenswerte Lektüre finden. Da es bestimmt vielen Leser so geht, erhält der Roman eine Extra-Schreibmaschine. Wer jedoch allergisch gegen das Knirschen in der Handlung und den Zaunpfahl der Tiefgründigkeit ist, der wird von Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands enttäuscht sein.

Vielen Dank an den Verlag und Lovelybooks, die im Rahmen einer Leserunde den Roman verlost habe.

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Salvatore Basile, Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands, Blanvalet Verlag 2017.

[Rezension] Lucinda Riley: Der Engelsbaum

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Greta wird kurz nach dem Krieg schwanger und vom Kindsvater, einem amerikanischen Soldaten, sitzengelassen. Ihr guter Freund David ist der Einzige, der ihr hilft und sie bis zur Geburt auf das Anwesen seiner Familie in Wales schickt. Dort lernt Greta seinen Onkel Owen kennen und bald läuten die Hochzeitsglocken.

Jahrzehnte später bringt David Greta zu Weihnachten erneut nach Marchmont Hall. Bei einem mysteriösen Unfall hat sie ihr Gedächtnis verloren und es besteht kaum Hoffnung auf Heilung. Doch dann findet sie bei einem Spaziergang ein Grab und die Erinnerungen kehren zurück. Weiterlesen?