[Filmkritik] Crimson Peak

CrimsonPeak

Dauer:118 Min.

Darsteller: Mia Wasikowska, Tom Hiddleston, Jessica Chastain, Charlie Hunnam,  Jim Beaver etc.

Jahr: 2015

Genre: „Horror“, Mystery, „Gothic Romance“

Die aufstrebende Autorin Edith lebt mit ihrem vermögenden Vater in den USA. Eines Tages tauchen die englischen Geschwister Sharpe auf der Suche nach Geldgebern in der Stadt auf. Geschäftliche Angelegenheiten scheinen für Thomas Sharpe jedoch bald hinter seinem Interesse für Edith zurückzutreten. Obwohl ihr Vater einer Verbindung skeptisch gegenübersteht, ändert sein Tod alles und Thomas ist Edith eine große Stütze. Sie heiraten und kehren mit Lucille auf den Stammsitz der Familie Sharpe zurück. Es handelt sich um das riesige, marode und ungastliche Anwesen Amerdale Hall. Langsam aber sicher wird Edith entdecken, dass das Haus noch weitaus Schrecklicheres bereithält als zugige Zimmerfluchten.

Der Cast ist überschaubar. Zwar sind die wenigen anderen Darsteller passend ausgewählt worden und liefern im Rahmen ihrer Möglichkeiten gute Arbeit ab, doch im Grunde ruht alles auf den Schultern der drei Hauptdarsteller Mia Wasikowska, Tom Hiddleston und Jessica Chastain. Letztere spielt die anderen allerdings weitestgehend an die Wand. Sie verleiht ihrer Figur eine düstere Aura, jeder Gefühlsregung schenkt sie trotz minimaler Gestik und Mimik Präsenz. Es mag an Mia Wasikowskas Synchronstimme liegen, dass sie in ihren bisherigen Rollen häufig elegisch scheint. Im Original ist diese Wirkung nicht vorhanden. Vielmehr verleiht sie Edith anfangs ein frisches, engagiertes Auftreten, dass auf eine selbstbewusste Protagonistin hoffen lässt. Leider verliert sich dieser Eindruck mit Thomas Bekanntschaft immer mehr. Ihre Figur hätte weitaus größeres Potenzial gehabt. Doch es ist Thomas Sharpe, dem es mehr als allen anderen an Kontur fehlt. Dem derzeitigen Hype um seine Person ist Tom Hiddleston mit dieser Rolle nicht gerecht geworden. Seine Mimik ist auf wenige Ausdrücke beschränkt, die zwischen leicht bedröppelt und leidenschaftslos schwanken. Dass er in manchen Szenen wirkt wie Dracula, dem man die Zähne gezogen hat, hilft auch nicht weiter. Warum kann er das ihm nachgesagte Charisma nicht entfalten? Es mag an der Eindimensionalität seiner Figur liegen. Daraus resultiert ebenfalls, dass die Beziehung zwischen ihm und Edith in keiner Sekunde glaubwürdig ist, sondern forciert wirkt. Regisseur Guillermo del Toro selbst nennt seinen Film eine „Gothic Romance“, aber eine Romanze lässt sich nur mit viel Wohlwollen ausmachen. Vielmehr bleibt der Eindruck, dass Thomas einfach ein Weichei ohne eigenen Willen ist. Das blutleere Spiel des Paares soll in den letzten Minuten wohl durch reales Blutvergießen aufgewogen werden. Doch dies wird so sehr übertrieben, dass es irgendwann nur noch lächerlich ist. Bedauerlicherweise wird der Zuschauer in keinem Moment emotional angesprochen oder gar involviert. Das Schicksal aller Beteiligten ist ihm daher mehr oder weniger ohnehin egal.

Doch nicht Figuren oder die Geschichte scheinen im Mittelpunkt des Films zu stehen, sondern der Herrensitz Amerdale Hall genannt Crimson Peak. Guillermo del Toro hat sich hier wirklich ausgetobt und seine Vorstellungskraft spielen lassen. Die Eingangshalle, die den Witterungen unmittelbar ausgeliefert ist, in der Schnee durch das kaputte Dach fällt und Schlamm durch die Dielen quillt, stellt nur eine der eindrucksvollen Kulissen dar. Stimmungsvoll und visuell herausragend. Neben diesen fesseln die Farben, die Kostüme und die Lichtstimmungen den Blick und verzaubern durch Opulenz und morbide Schönheit. Die Bildgestaltung überzeugt auf ganzer Linie und erfüllt alle Erwartungen, die landläufig an eine viktorianische Schauergeschichte gestellt werden. Auch die Handlung ist ein Paradebeispiel für das Genre. Hiermit kann er das Herz eines Fans von Schauergeschichten gewinnen! Doch es ist eine Sache, ein Genre mit Herzblut, Fantasie und Inspiration zu bedienen, aber eine ganz andere ausschließlich Versatzstücke zu benutzen. Zweites reicht für kurzweilige Unterhalten, doch das Erste hätte dem Film Nachhall verliehen. Denn wer sich ein wenig mit den entsprechenden Geschichten auskennt, den werden kaum Überraschungen erwarten. Schon in den ersten Minuten wird nicht mit Andeutungen auf einen unheilvollen Verlauf gegeizt. So führt Edith u.a. ein Gespräch, in dem sie mit Jane Austen verglichen wird, sich aber lieber mit Mary Shelley identifizieren möchte. Es ist ebenfalls schnell ersichtlich, dass Thomas Sharpe und seine Schwester nichts Gutes im Schilde führen. Es gibt im Folgenden keine einzige Wendung, die den Zuschauer wirklich unvorbereitet trifft.

Guillermo del Toro hat keinen Horrorfilm geschaffen. Nicht einmal das Prädikat  „gruselig“ ist zutreffend. Vielleicht um die fehlenden Überraschungen innerhalb des Plots auszugleichen, wurden hier und da unheimliche Schockmomente eingestreut. Allerdings basieren diese einerseits weniger auf überzeugenden Spezialeffekten, als vielmehr auf purer Überrumpelung des Zuschauers. Im Übrigen verpuffen sie genauso schnell, wie sie aufgetaucht sind. Andererseits sind die Geister derart offensichtlich computergeneriert, dass sie bei näherer Betrachtung keinerlei Grusel- oder Ekelfaktor bergen. Viel stärker sind dafür die Momente, in denen eine unterschwellige, unheilschwangere Spannung kreiiert wird. Leider nutzt sich diese Wirkung bald ab, da wie erwähnt schnell ersichtlich ist, wohin die Reise geht.

Ein Pfund mit dem Crimson Peak neben den Bildern wuchern kann, sind die Dialoge und Monologe. Sprachlich wird der Ton längst vergangener Zeiten getroffen und ergänzt die Bildsprache perfekt.

Insgesamt ist Crimson Peak visuell mehr als überzeugend. Allerdings hapert es andernorts. Charaktere und Geschichte bewegen sich in mehr als konventionellen Bahnen. Die sind zwar häufig perfekt getroffen, aber nichtsdestotrotz von kalter Schönheit.

7/10 Tickets

7Tickets

Wenn ich den Film nun nach einiger Zeit noch einmal Revue passieren lasse, muss ich meine Beurteilung leider um ein Ticket nach unten revidieren.

       6/10 Tickets

6Tickets

16 Kommentare zu „[Filmkritik] Crimson Peak

  1. Ich finde ja, dass Charaktere und Geschichte genau in das Genre Gothic Romance passen. Und mir waren die Figuren auch nicht egal! Aber ganz so schlecht wie es klingt, kannst du den Film ja nicht gefunden haben, wenn er dann doch noch 7 von 10 Punkten erreicht 😉

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    1. Das freut mich, dass die Charaktere nicht bei jedem auf taube Ohren getroffen sind :D. Ja, das habe ich ja gesagt, dass alles vortrefflich ins Genre der Gothic Novel passt, aber für mich keine Gothic Romance darstellt. Ich liebe Schauerromane und habe daher eine große Affinität zum Setting, der viktorianischen Zeit und alles was dazu gehört, somit hat der Film natürlich trotz aller Kritik bei mir in Teilen punkten können. Aber ich finde auch, dass er viel Potenzial liegen lässt.

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      1. Wahrscheinlich beibt die „Romance“ bei dir einfach auf der Strecke, weil du mit den Figuren nicht ganz warm wirst. Das ist ja immer so, wenn man keine Verbindungen zu den Figuren aufbauen kann, dann klappt das mit der emotionalen Ebene einer Geschichte einfach nicht.

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      2. Doch schon… ich finde schon, dass es da eine Chemie gibt! Also das wäre nicht das, was die Geschichte für mich etwas eckig macht. Mich stört eher, dass alles so vorhersehbar ist. Es gibt eigentlich null Überraschungseffekt, wenn man das Genre ein wenig kennt.

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    1. Tja, mit Tom ist das so eine Sache. Ich habe noch nicht viel mit ihm gesehen (Crimson Peak, 1 Folge Night Manager, Thor, Deep Blue Sea), aber ich kriege den Hype mit. Ja, er kann schauspielern. Er ist präsent. Aber ich sehe jetzt nicht dieses Sex-Appeal, dessen Ruf ihm vorauseilt. Aber das ist ja immer äußerst subjektiv. Mit Crimson Peak sehe ich den Hype nicht gerechtfertigt. Ich finde ihn auch nicht blöd, schlecht, unsympathisch. Ich bin wohlwollend, nur verstehe ich halt den Hype nicht. Ich verstehe aber generell Hypes sehr selten. 😉 Aber er hat ja noch viel Zeit, mich zu überzeugen :D.

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      1. Hypes interessieren mich selten. Gehypte Serien, Filme, Bücher reizen mich, weil sie den Zeitgeist treffen. So etwas wie gehypte Schauspieler gibt es für mich nicht, ich habe meine eigenen Favoriten. Mir ist auch noch nicht wirklich aufgefallen, dass Hiddleston so gehypt wird. Wohl aber habe ich mitbekommen, dass im Moment PR-mäßig versucht wird, ihn in den U.S.A. zu etablieren. (Diese Taylor Swift-Geschichte riecht für mich auch nach PR).

        Ich habe Tom Hiddleston in einigen Filmen gesehen, der Funke ist aber nicht übergesprungen bis ich ihn in „High Rise“ und vor einer Weile tatsächlich in „The Night Manager“ gesehen habe. Auch wenn ich den Mehrteiler nicht wirklich gut fand, ER wird immer besser und ist ziemlich sexy – was mir in den anderen Filmen nie auffiel. 🙂

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      2. Mit dem Zeitgeist hast du nicht unrecht, aber ich bin Hypes gegenüber immer sehr kritisch eingestellt. Nur weil die Mehrheit etwas sagt, bin ich davon eben noch nicht unbedingt überzeugt 🙂 . Ich habe es schon so empfunden, dass Hiddleston bei vielen total angesagt ist. Ich habe auch echt versucht, seine sexy Seite zu erkennen ;). Vielleicht muss ich noch mehr Folgen vom Night Manager sehen. Die Geschichte mit Taylor Swift hat ihm bei mir auch nicht gerade zum Vorteil gereicht :D. Aber stimmt, es könnte wirklich ne PR-Sache sein. War ich wieder zu naiv und habe es glatt für bare Münze genommen. 🙂 „High Rise“ mochtest du doch gar nicht so oder habe ich deine Kritik falsch in Erinnerung? Naja, der Film kann ja Mist gewesen sein und er trotzdem hinreissend. Wenn er auf DVD/Bluray erscheint, werde ich ihn sicher sehen. Vielleicht springt der Funke noch über.

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      3. Richtige Hypes kommen bei mir nicht wirklich an. Ich bin aber – außerhalb meines kleinen Blogs – nicht in den sozialen Medien unterwegs. Kein Facebook, kein Twitter, kein Instagram. Viele Hypes werden, glaube ich, heutzutage darüber ausgelöst und erreichen mich damit nicht. 🙂

        Ja „High Rise“ mochte ich nicht sonderlich, aber ich war auch total übermüdet. Hiddleston gefiel mir da aber schon sehr. Letztlich hat er mich aber mit „The Night Manager“ überzeugt. Auch wenn ich seine Serienfigur und vieles mehr nicht durchweg glaubwürdig fand. Ich verfasse gerade einen Beitrag zu dem Mehrteiler. Tom Hiddleston ist für mich mittlerweile so ne Art kleiner Bruder von Michael Fassbender. :))

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